Hallo Männer, habt ihr schon die aktuelle rote Liste gelesen? Nicht nur der Wilkinsammerfink oder Tahiti Monarch sind vom Aussterben bedroht, sondern auch die hier lebende gemeine Dorfkneipe!!! In gewissen Regionen gibt es sie schon nicht mehr. So wurde beispielsweise in der Region Thronitz, seit dem letzten Jahr, kein lebendes Exemplar mehr gesichtet.

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Die Gründe für das massenhafte Sterben sind vielfältig und verworren. Man kann es aber am Beispiel des jährlichen Männertages ganz gut darstellen. Vor gut 20 Jahren war es für einen kleinen 6-jährigen Steppke das Größte, Männertag mit stolz geschwellter Hühnerbrust hinter Kutschen und Traktorgespannen oder Fahrradkolonnen mit dem BMX-Rad herzufahren. Sirenen, Hörner, Musik und lauter Männergesang schall von den Herrentransportern herunter. Es war ein Riesenspaß Teil dieses Männerstroms zu werden, der sich auf den Straßen zwischen Kneipen, Schenken und Biergärten hin und her bewegte.

Die Hausfrau und Mutter hat es sich zu Hause gemütlich gemacht, in den Lehnsessel vom Alten gesetzt und mal ein gutes Buch gelesen, denn der war ja auf Reisen und die Kinder waren mit den BMX-Rädern hinter seinen Kumpels her.

Wenn wir uns nun die gesäumten Straßen als Adern vorstellen, so sind die Kneipen die lebenswichtigen Organe dieses Männertagsorganismuses gewesen. Sie waren Anlaufstationen, Tankstellen und Partyschwerpunkte zwischen denen gependelt wurde. Ein nicht enden wollender Strom an Kutschen, Fahrrädern und Traktorgespannen sorgte vor jedem Lokal für mehr Verkehr als auf St. Pauli, wenn die Ebbe kommt. Das Bier, der Schnaps, Roster und Steaks flossen im Überfluss und der gemeine Kneiper, von denen es noch viele gab, hatte seine Jahresernte am Ende des Tages fast rein.

Wie sieht es im Allgemeinen 20 Jahre später aus? Mutti hat alle Bücher ausgelesen und sich dann 3 Ausgaben „Besser Leber – schöner Wohnen“ zum Preis von 2 gekauft. Kurz drauf musste Papas geliebter Lehnsessel für einer „Active-Chill-Out-Lounch“ Platz machen, die sich insbesondere durch eine 6-Punkt-Reflexzonenen-Massage-Joga-Matte auszeichnet, welche auf das Naturholzparkett drapiert wurde. Nun hat Mutti aber nicht so recht rausgefunden, wie sich der Chill-Out-Effekt beim „Schlafenden Diamantsitz“ oder dem „Kuhgesicht“ einstellen soll und so liegt die Prachtmatte ungenutzt in der Ecke und der Lehnsessel wurde zu Bio-Rindenmulch verarbeitet.

Das war das Ergebnis von Ausgabe 1. Im zweiten Exemplar war dann beschrieben, wie man den besten veganen Rindfleischsalat aus Chinoa-Samen zaubert. Den muss die Dame des Hauses doch gleich mal ausprobieren und weil WhatsApp noch keine „Willst-du-mal-kosten-Funktion“ hat, will Madame mit dem zusammengemanschten Fitty-Rinderfleisch zur besten Freundin tingeln, um mit ihr gemeinsam das neue Rezept ausgiebig zu erörtern.

Ausgabe drei macht dann alles perfekt: Da stand nämlich drin, dass ein Outdoor-Family-Nachmittag das Non plus Ultra des familiären Zusammenlebens darstellt und nicht nur Papas Potenz wieder auf Hochtouren bringen soll, sondern auch die Kids durch die Nähe zur Natur ihre koordinativen und kognitiven Fähigkeiten stärken. Das kann sich sehr gut auf die Bildung auswirken und beugt ADHS vor.

Am Ende sieht die Tagesplanung dank eines Praktikanten, der in der Redaktion von „Besser Leber – schöner Wohnen“ mal was in seine Bambus-Tastatur klimpern durfte folgendermaßen aus: Papa muss mit Mutti und dem selbergemachten veganen Rindfleischsalat zu Familie Schönstedt-Müller ins Reihenhaus am See fahren. Die Kinder sollen auch mit, damit die mal nicht den ganzen Tag vor der Playstation hocken. Torben Schönstedt-Müller hat einen neuen Gasgrill erworben und auf dem sollen die von Annegret Schönstedt-Müller selbst zubereiteten veganen Hacksteaks sogar nach Fleisch schmecken und die Kinder sollen zusammen mit Tosca-Olivia und Joel-Pepe Schönstedt-Müller das neu erworbene Deluxe-Trampolin mit rückenschonender Sprungmatte aus Merinoschaafwolle ausprobieren. Also werden die beiden mit samt der Chinoa-Mompe in den Fahrradanhänger gepackt, den man am Vortag für nur 1.200 € im Sonderangebot noch schnell erworben hat.Mama hat schlechte Laune weil Papa mal wieder vergessen hat, den Akku vom Elektrofahrrad aufzuladen und will dann mit Papa doch das Fahrrad tauschen.

So fährt Papa mit dem lahmen E-Bike und dem gesamten Geschmeiß zu Familie Schönstedt-Müller. Torben hat ein sensationelles, alkoholfreies Bier entdeckt und leider auch nichts anderes da. Der Gasgrill kann leider doch nicht zaubern und so gibt es veganen Rindfleischsalat an veganen Hacksteaks, was insgesamt mit viel Wohlwollen nach Löwenzahn und Sauerampfer schmeckt. Die Kinder sitzen zusammen vor der Playstation und Papa hat am Ende des Tages richtig die Schnauze voll, weil die potenzfördernde Wirkung vom Chinoa-Fraß doch nicht so eingetroffen ist, wie erhofft.

Wer jetzt aber denkt, dass der Leidtragende an der ganzen Sache der Papa ist, der hat zwar in gewisser Weise recht, aber nicht mal eine Sekunde an die armen Kneipenbesitzer gedacht. Die hockten nämlich den ganzen Tag neben ihren frisch angestochenen Bierfässern und sahen eine Familie samt Fahrradanhänger nach der anderen vorbeifahren. Den einzigen Umsatz haben die Männertag gemacht, wenn bei manchen der Weg zu Familie x-y doch zu weit war und man eine Zwischenrast eingelegt hat, um ein paar Süßkartoffelpommes und eine halbe Weinschorle zu sich zu nehmen.

Man kann jetzt streiten, wer an der gesamten Misere letztendlich Schuld hat, aber im Endeffekt fing alles an, als Mutti die drei Hefte kaufte und sich darüber im klaren wurde, dass sie auch mal ein wenig Spaß haben will.

Doch hier haken wir ein! Wir lassen nicht zu, dass noch weitere Kneipen sterben müssen. Wir rufen alle Männer, Herren, Väter, Großväter und die, die es noch werden wollen auf: Packt Euren Nachbarn, Kumpel, Schwiegervater oder sonst wen und nehmt ihn mit auf große Männertagstour. Trefft Euch mit Gleichgesinnten, trinkt Bier, singt Lieder, lasst einen Tag im Jahr mal so richtig die Sau raus und rettet unsere Kneipen und unsere Männertagskultur.

Falls doch die Frau zu Euch kommt und euch ein schlechtes Gewissen machen will und Ihr es schwer habt darüber wegzusehen, dann geben wir Euch noch einen letzten, entscheidenden Tipp auf den Weg: Jedes Jahr findet in Markranstädt eine der größten Weiberfastnachtsveranstaltungen statt. Da dürfen keine Männer rein, damit keiner sieht, dass dort metaphorisch gesprochen statt veganem Rindfleischsalat ganze Rinderhälften fast roh gegessen werden. Erinnert Euch daran und geht am 25.05. mit einem Lächeln und einem schönen Gruß an die Sprösslinge raus in einen wundervollen Männertag.

Prost.